2022-05-03

50 Jahre UFE - Beinahe ein ganzes Leben Teil 6

6-Frhlingsball_1976.jpg1980 – Da fällt mir der Einstieg schwer. Ich erzähle erst mal die äußeren Rahmenbedingungen.
Wir waren eine Riesentruppe mit mindestens 10 Paaren pro Gruppe (insgesamt 3 Gruppen), es könnten aber auch mehr gewesen sein, so genau weiß ich das nicht mehr. Zu dieser Zeit gab es noch zahlreiche landsmannschaftliche Traditionsveranstaltungen wie Landesschwabenball in Göppingen, Ulm und Wernau, sowie den Bundesschwabenball in Gerlingen und das eine oder andere Kirchweihfest. Mittlerweile war unsere tänzerische Ausrichtung nach Südosten für die Veranstalter kein Problem mehr, im Gegenteil, der Erfolg gab uns recht – und es war ein Alleinstellungsmerkmal unserer Gruppe im Reigen der damals noch recht zahlreichen weiteren Tanz-und Trachtengruppen der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn. Wir wollten kulturelle Brücken bauen und das politische „Klein-Klein“ möglichst außen vorlassen.
So reisten wir 1980 mit unserer „Mentortanzgruppe“, die sich damals schon „donauschwäbische Tanz- und Folkloregruppe Reutlingen nannte, zum Kulturaustausch nach Mosonmagyaróvár/Ungarn. Der Tanzleiter der dortigen Universitätstanzgruppe hatte familiäre Verbindungen zur Reutlinger Gruppe.
Da waren wir also! Zwei total motivierte Tanzgruppen, begierig darauf, Kontakte zu knüpfen und Neues zu lernen und ein ungarischer Tanzlehrer (Matyasbácsi).
Lange Rede kurzer Sinn – abgesehen davon, dass wir, Reutlingen, Wernau und Moson zusammen eine Mordsgaudi hatten und die Weinkeller ihren Teil dazu beitrugen, konnten Albert und Ali Matyasbácsi davon überzeugen, uns drei seiner Spitzentänze quasi zu verkaufen. Er sollte zu uns kommen, ein Tanzpaar mitbringen und uns hier bei einem Wochenlehrgang die Tänze beibringen. Er kam und wir tanzten uns Blasen an die Füße, die Jungs plattelten sich blaue Flecken an die Schienbeine. Wir lernten die ersten ungarischen Texte inclusive Knoten in der Zunge angesichts ungewohnter Buchstabenkombinationen. Singen und tanzen gleichzeitig – da musste deutlich mehr Kondition her! Aber Aufgeben war keine Option.
Nach einer Woche war es geschafft, wir hatten uns drei komplett neue Tänze in unsere Köpfe und Beine gehämmert. Als da wären: die Kónyi-Verbunk, ein Männertanz der seinen Ursprung in der Soldatenanwerbung hat, ein Paartanz aus Tápé und schlussendlich der SZANYI-CSÁRDÁS, der bis heute (40 Jahre später) auch in der dritten Tanzgeneration zum Erfolgsprogramm gehört.
Darüber hinaus gab es komplett neue Trachten für Jungs und Mädchen, die in Ungarn gefertigt wurden. Die Trendwende weg von der Operette hin zum Volkstanz mit der zum Tanz passenden Tracht war eingeläutet.
Nach ca. einem Jahr schwitzen, üben und feilen waren die Tänze bühnenreif. Die Premiere war überwältigend. Kennt ihr den Moment und das Gefühl, wenn man alles gegeben hat, der letzte Ton der Musik verklungen ist, der letzte Klatscher getan und das letzte „Hei“ dem Publikum entgegengeschleudert wurde – dieser kleine Augenblick der absoluten Stille bis der tosende Applaus losbricht? Das macht mir sogar heute noch beim Schreiben Gänsehaut.
Kaum ein anderer Tanz ist so eng mit unserer Gruppe verknüpft wie der Szanyi-Csárdás. Ihm verdanken wir „Standing Ovations“, die mitreißende, treibende Musik ließ sogar unsere gebrechlichen Fans Stöcke und Gehilfen vergessen, so begeistert waren sie mit Klatschen beschäftigt.
Jetzt war sie also angekommen, die neue „Tanzzeit“. Für die Leiterrunde, bestehend aus allen Tanz-und Gruppenleitern und dem Kassenwart hieß es jetzt, die gesamte Gruppe neu auszurichten, um alle mitzunehmen. Denn nichts ist wichtiger, als auch den Nachwuchsgruppen attraktive und spannende Ziele zu bieten um sie für dies nicht alltägliche Sportart bei der Stange zu halten.
Wie wir das geschafft haben und wie’s ab da weitergeht, in Folge 9.

Bis dahin – bleibt neugierig
Eure Babs

J H - 09:34 @ 50 Jahre