2022-08-29

50 Jahre UFE - Beinahe ein ganzes Leben Teil 12

12_1985_Ende Lehrgang Domahzi.jpgUnsere tänzerische Entwicklung hat im November 1982 mit Márta Széll eine ganz neue Richtung genommen (siehe Teil 9). Sie hat auch unseren Trachtenbestand begutachtet und zusammengestellt, was für welchen Tanz getragen werden sollte und vor allem, was wir neu brauchten. Da waren in erster Linie Schaftstiefel für die Jungs und für die Mädchen Schaftstiefel und festere Tanzschuhe. Zum Glück hatte Márti die notwendigen Handwerker (Stiefelmacher, Schuhmacher und Schneider) in Ungarn an der Hand und so haben wir einen regelrechten „Trachtenhandel“ aufgezogen: Maße und Schnittmuster werden hin und hergeschickt, was können wir selbst anfertigen und was nicht und wie kommt alles von Ungarn zu uns? Gott sei Dank haben uns die Grenzer nie erwischt. Immerhin gab es damals noch den „Eisernen Vorhang“. Sukzessive verlagerten wir ab da unseren tänzerischen Schwerpunkt in Richtung deutsche und ungarische Tänze. Die Sparten jugoslawisch, rumänisch und russisch wanderten in die Jugendgruppen ab. Nicht allen in der Landsmannschaft gefiel das, war doch die Vertreibung nach dem Krieg nach wie vor in schmerzlicher Erinnerung. Aber wir waren die nächste Generation, unsere Wurzeln lagen zwar in Ungarn, doch wir hatten die einmalige Chance, ohne diesen „Rucksack“ der Kriegserlebnisse mit Tanz und Gesang Brücken zu bauen, Völkerverständigung zu leben und uns so der Heimat unserer Eltern anzunähern. Darüber hinaus sprach der Beifall der Zuschauer bei unseren Auftritten bei den Schwabenbällen für sich bzw. für uns. Wir hatten unseren Weg gefunden und den gingen wir ab da konsequent weiter.
Im Sommer 1983 schoben wir noch „kurz“ eine Gruppenreise nach Ungarn dazwischen. Wir trafen Jósi Ólah von der Uni Mosonmagyaróvár, der uns als Reiseleiter von Budapest über Szentendre, Esztergóm bis nach Miskolc in den Nordosten Ungarns führte und von da aus zurück nach Eger, Debrecen und in die große Puszta. Es war ein grandioses Erlebnis!! Das I-Tüpfelchen waren dann die letzten Tage in der Baranya, in den Heimatdörfern unserer Eltern und in deren Weinbergen.
Bei der Vorbereitungsfahrt zu dieser Reise (das Internet war noch nicht erfunden) trafen Ali und Charly auch Márti und besprachen gleich den nächsten Tanzlehrgang. Der folgte im November 1984 mit Tänzen aus Mezöség. Márti brachte dazu ihren Partner Péter Gerzson Kóvács mit, denn, so Péter im Nachgang, haben wir mit unserer Wahl gleich nach der Königsklasse des ungarischen Volkstanzes gegriffen und das konnte Márti allein nicht leisten. Dementsprechend hochkarätig war dann auch der Lehrgang. Wir sind quasi für ein Wochenende in die Sporthalle eingezogen. Es herrschte Anwesenheitspflicht für alle Tänzerinnen und Tänzer – mal schnell auf eine andere Position wechseln war bei diesem Niveau schlichtweg nicht möglich – und dann hieß es üben, üben, üben, tanzen, singen und wieder üben, zwischendurch kurz die Beine hochlegen und Füße verpflastern und weiter. Am Ende des Lehrgangs war die Choreopraphie mit 12 Paaren fertig. Wie lang der Weg bis zur Bühnenreife noch war, zeigten uns Márti und Péter am Ende in einer kurzen improvisierten Vorführung – aber: Man braucht schließlich Ziele im Leben!
Und die hatten wir. Es folgten mehrere Silvesterlehrgänge mit Stock- und Flaschentanz, Domaházi, einem 3-Paartanz aus Dunántúl, Tänze aus Szatmár, und und und …. Entsprechende Trachten mussten genäht bzw. gekauft werden und zwischendurch gab’s auch noch Trainigswochenenden z.B. auf der Sigelshütte unter der Teck. Dort haben wir jahrzente-alten Staub aus dem ebenso alten Holzboden getanzt. So mancher hat diesem Lehrgang, glaub ich, seine Hausstauballergie zu verdanken.
Mittlerweile waren wir in der A-Gruppe 37 Tänzerinnen und Tänzer und mussten uns in A1- und A2 Gruppe aufteilen. Das alles ging freilich nicht ohne Reibereien und auch mal handfesten Krach über die Bühne, auch wenn man das in der Rückschau gerne ausblendet. Aber wir haben uns konsequent einmal im Jahr zur Jahreshauptversammlung zusammengesetzt, über das vergangene Jahr Bilanz gezogen, für die Probleme nach Lösungen gesucht und Zukunftspläne geschmiedet.

Ach ja, Familien- und Berufsleben gab’s auch noch – so nebenbei !
Aber davon mehr in der nächsten Folge.

Bis dahin bleibt mir gewogen.

Eure Babs

J H - 10:04 @ 50 Jahre