2022-09-26

50 Jahre UFE - Beinahe ein ganzes Leben Teil 16

16_1996_Ungarn-Freizeit Varoly.jpg1991 – Ein Jahr der Entscheidungen. Bei unserer gruppeninternen Silvesterfeier 90/91 fiel der Satz:“ 1-9-9-1, das sieht schon nicht gut aus, ich hab kein gutes Gefühl für dieses Jahr.“ Und so kam es auch. In einigen Beziehungen, die wir in den vergangenen Jahren ganz empathisch begleitet haben, begann es in der Folgezeit zu knirschen: Das Leben schlug eine neue Seite auf.
Man will es zunächst nicht wahrhaben, redet es sich schön und muss doch der Realität ins Auge schauen: Persönliche Krisen reichen immer in den Freundeskreis hinein (dazu sind Freunde ja auch da). Der kann jedoch tun oder lassen, was er will, er kann es nicht allen recht machen. Wir hatten Gott sei Dank immer eine gute „Redekultur“ und ein vertrauensvolles Fundament, wir konnten die Krisen aus Training, Auftritten und Jugendarbeit zunächst heraushalten.
1996_Ungarn-Freizeit Varoly_139.jpgZur aktuellen Lage: Mittlerweile gab es „Handys“, den sogenannten „Knochen“. 500g schwer und 2.500 DM teuer. Die Mauer war weg, die Wende in vollem Gange und die Öffnung nach Osten barg für uns deutlich weniger Risiken. Wir hatten ab 1991 regelmäßigen Austausch mit verschiedenen Musik- und Folkloregruppen aus der Partnerstadt Bonyhád und wurden zu zahlreichen Veranstaltungen engagiert, die mit Ungarn oder internationaler Folklore im Zusammenhang standen. In Hochzeiten, das hat nix mit heiraten zu tun, waren wir jedes Wochenende unterwegs. Wir kamen mit Trachtenwaschen und –bügeln kaum hinterher. Zum Glück hatte da so manche Mama Mitleid und zückte das Bügeleisen.
Mit dieser Auftrittsflut ging ein straffes Trainingsprogramm und ein enormer administrativer Aufwand einher. Wir waren auf dem Höhepunkt unserer Leistungsfähigkeit angelangt- ins Profilager wollten wir nicht!
Und wieder einmal waren wir gezwungen umzudenken und uns neu zu sortieren.
Die persönlichen Krisen einzelner Tänzerinnen und Tänzer wirkten sich zunehmend aufs Training aus, wir mussten etwas tun!
Am Ende bitterer Gespräche und Diskussionen standen wir ohne führende Tanzleiter da und kurz darauf fehlten auch noch einige gute Tänzerinnen und Tänzer. – Und jetzt??
Jetzt erst recht! Jeder, wirklich jeder der „Zurückgebliebenen“ (das waren viele) hat sich in den Dienst der Gruppe gestellt und Dank der Einstellung „Einer für alle…“ und „Aufgeben ist keine Option“ haben wir die Krise gemeistert, diese Klippe erfolgreich umschifft und wieder etwas fürs Leben gelernt.
Die Kinder- und Jugendgruppen waren ein Grund, auf jeden Fall weiter zu machen. Sie sind das Fundament jeder Vereinsarbeit und sie entwickelten sich prächtig. Sie hatten die „Großen“ als Vorbild und wir Tanzleiter taten alles um ihnen unsere Tänze nahe zu bringen. Die Jungs bekamen Hosenröcke und Stöcke zum Tanzen, die Mädchen neue Röcke, Blusen und Schuhe. Die Tänze wurden immer anspruchsvoller und auch außerhalb des Trainings gaben wir alles, um die Meute bei der Stange zu halten. Wir veranstalteten „Workshops“ in Schulen und demonstrierten, was Volkstanz auch sein konnte: Eine anspruchsvolle Sportart, die nicht jeder konnte und bei der man etwas leisten musste und – man lernte Mädchen und Jungs kennen. Und so rekrutierten sie, die mit 4-6 Jahren angefangen hatten zu tanzen, im Laufe der Jahre Freunde und Klassenkameradinnen und –kameraden und gegeisterten sie für ihre Sportart. Es war eine tolle, äußerst integrative Truppe. In den einzelnen Altersstufen tanzten die Kinder entsprechend ihren Fähigkeiten so lange wie möglich mit. Davon haben alle profitiert.
1996 – „Hurra wir leben noch!“ ein weiteres Jubiläumsjahr.
Das UFE ist 25 Jahre alt. Das musste gefeiert werden. Die Leiterrunde hatte sich mittlerweile fast komplett neu aufgestellt und verjüngt. Das erste Highlight im Jubeljahr war eine 10-tägige Jugendfreizeit (10 – 14 Jahre) im Bonyháder Ferienlager in Vároly. In Kooperation mit dem dortigen Partnerschaftsrat und der Tanzgruppe „Kränzlein“ haben wir ein spannendes Programm mit Tanzlehrgang und Gesangsstunde auf die Beine gestellt. Anreise im Bus – 16 Stunden – Verteilung auf kleine Häuschen mit 8-10 Betten – eine klamme Geschichte – Frühstück und Essen „all inclusive“ im Gemeinschaftshaus – Oje!
Das erste Frühstück, lauwarmer zuckersüßer Tee mit hellblauem und rosafarbenem Rührkuchen hat uns in Staunen versetzt (andre Länder, andre Sitten). Als wir am zweiten Morgen dann den selben Tee mit fettem Speck. Zwiebeln und trocken Brot auf dem Frühstückstisch fanden, mussten wir reagieren. Wir haben umgebucht, selbst eingekauft, zusammen mit den Küchenfeen des Lagers einen entsprechenden Speiseplan aufgestellt und kochen lassen. Ab da lief es rund, die Freizeit war gerettet und ein voller Erfolg. Alles Weitere ist bitte bei den damaligen Teilnehmern zu erfragen.
Weitere Highlights waren nach dem Auftritt 1995 bei der Jubiläumsgala der Firma Daimler-Benz der Auftritt 1996 bei einer Präsentationsveranstaltung der BMW-Niederlassung Stuttgart und schlussendlich unser eigenes großes Gala-Programm mit allen Gruppen, mit dem Volksmusikensemble Téka und Márta Széll aus Budapest und mit anschließendem Tanzhaus im Schlosskeller. Damit ging ein weiteres turbulentes erfolgreiches Jahr zu Ende.
Wir nähern uns unaufhaltsam der Jahrtausendwende. Vorher gibt es jedoch noch ein Ereignis, das sich mir ins Gedächtnis gebrannt hat. Dazu aber mehr in Teil 17.

Bis dahin
Eure Babs

J H - 14:57 @ 50 Jahre