2022-10-02

50 Jahre UFE - Beinahe ein ganzes Leben Teil 17

Kommen wir also in diesem Teil zu dem versprochenen Ereignis. Das war 1997. Wir hatten wieder einmal eine Einladung nach Bonyhád, diesmal zu einer Konzertreise zusammen mit unserem Musikverein. István Oroszki, der damalige Bonyháder Bürgermeister, hatte für uns einen Auftritt in der Slowakei, in Tardoskedd, ein ehemals ungarisches Dorf, organisiert. Das war eine weitere Partnerstadt von Bonyhád. Die Grenzübertritte waren, gelinde gesagt, kompliziert und István Oroszki musste sämtliche Register ziehen. Aber schlussendlich hatten wir es geschafft, gespielt, gesungen und getanzt bis zu unserem letzten Auftritt: Tänze aus Felvidék, eben genau aus dieser Gegend in der Slowakei. Die Folge beginnt mit einem Mädchentanz (12 Mädchen). Es wurde urplötzlich totenstill im Saal, dann unruhig und schließlich sang fast das gesamte Publikum unseren Tanz mit, ebenso die Gesangsteile im Männer- und Paartanz. Die Menschen hatten Tränen in den Augen und uns jagte eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken. Diese Tanzfolge, bzw. die Melodien stammten aus genau diesem Ort. Wir hatten voll ins Herz des Publikums getroffen. Bis heute hat mich kein Auftritt mehr so sehr berührt.
Jahrtausendwende 1999/2000 – was für ein Ereignis!
Wir feierten in großer Runde in der „Alten Mühle“ in Au im Bregenzer Wald. Das bedeutete viel Schnee, Skifahren in allen „Gewichtsklassen“, Schneewandern, gut essen und viel Spaß haben. Erinnert sich noch jemand an die kleine Laura, die vom Balkon im ersten Stock in den Schnee sprang, war ja fast am Geländer? Es dauerte, bis wir sie wieder ausgegraben hatten.
Ab 2000 entwickelte sich auch ein weiteres „Austauschstandbein“. Márti unterrichtete an der Késjár-Csaba-Schule in Budaörs Volkstanz – das war zu der Zeit in Ungarn ein „Wahlpflichtfach“ Zusammen mit der Band Téka organisierten wir in Ungarn und Wernau zahlreiche Folkloreprogramme mit ihrem Tanzensemble. Jetzt kam bei uns die nächste Tänzergeneration voll zum Zug, die Gruppen waren nahezu im gleichen Alter. Die persönlichen Kontakte und kulturellen Austausche, das Feuer der Tradition wurde zwischen Wernau, Bonyhád und Budaörs an die nächste Generation weitergegeben.
Aber ganz so einfach war es dann doch nicht. Bei aller Voraussicht erkennt man manche Entwicklungen leider erst in der Nachschau.
Zu Beginn meiner Berichte befanden wir uns noch in der digitalen Steinzeit, im neuen Jahrtausend machte die globale Zeitenwende auch vor unserer Gruppe nicht halt. Die Anforderungen in Schule, Studium und Beruf wuchsen rasant. Auslandssemester, heimatferne Praktika, Flexibilität bezüglich Arbeitszeit und –Ort war ein absolutes „Muss“. Für unser so zeitintensives und anspruchsvolles Hobby war in der gewohnten Form kaum mehr Platz. Für uns, die wir noch als Tanzleiter fungierten, bedeutete das: die Kids, an die wir den Staffelstab weitergeben wollten, konnten ihn so nicht nehmen. – Was tun??
Bis 2008 haben wir uns noch durchgehangelt, Schwabenbälle und weitere Auftrittsanfragen abgearbeitet, dann war die Luft raus. Wir (der „Restposten“ aus der Gründerzeit) hatten zwar noch Spaß am Tanzen und das wollten wir uns auch nicht nehmen lassen, aber nochmal ein neues Konzept erarbeiten, um die Gruppe am Leben zu halten und in die Zukunft zu führen, das konnte eindeutig nicht mehr unsere Aufgabe sein. Wenn jetzt keiner den Staffelstab nimmt, dann verabschiedet sich das UFE von der Bühne. Eine bittere Entscheidung, aber so ist das Leben.
17_Maresa und ihre Truppe.jpgDass ich heute diesen Blog zum 50-jährigen Jubiläum schreiben darf, verdanken wir Maresa und ihrer jungen Truppe (damals alle weit unter 20 Jahren), die geschlossen aufstanden und sagten: “So geht das nicht! Wir haben Spaß am Tanzen. Wir wissen zwar noch nicht wie, aber wir machen weiter! Das lassen wir uns nicht nehmen!“ Der alte Kampfgeist war wieder da.
Mike übernahm den Gruppenleiterposten und war so gleichzeitig der Hüter unseres Erfahrungsschatzes. Die Kids entwickelten ein eigenes Konzept, angepasst an ihre Lebenssituation und wir konnten uns nach fast 40 aktiven Jahren aufs „Altenteil“ zurückziehen.
Und da sitzen wir heute immer noch, treffen uns 1x wöchentlich, tanzen, unterhalten uns und haben Spaß an der Frage, ob man ungarisch wohl auch mit dem Rollator „tanzen“ kann?
Wir sind dankbar dafür, dass der Samen, den wir gelegt haben, bis heute Früchte trägt und das Feuer der Tradition weitergegeben wird.
Und jetzt wird’s rührselig, aber da müssen wir durch.
Ich freue mich unbändig, dass Maresa, Mike und die ganze restliche Truppe es geschafft haben, trotz aller Widrigkeiten und zum Schluss auch noch Corona, dass wir an diesem Wochenende 50 + 1-jähriges Jubiläum feiern dürfen. Ich ziehe den Hut vor euch – Respekt!
Damit bin ich am Ende meines Blogs, über die Zeit von 2008 bis heute dürfen andere berichten, die näher dran sind. Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht, den Werdegang des UFE unter meinem Fokus mit zu verfolgen.
Ich für meinen Teil bin dankbar, ein Teil dieser Gruppe sein zu dürfen, dankbar für die Menschen um mich herum, die, für wie lange auch immer, mein Leben bereichert haben, mich nach wie vor begleiten und mich zu dem Menschen gemacht haben, der ich bin.
Bleibt gesund!
Eure Babs

J H - 12:00 @ 50 Jahre